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Digitale Transformation im Dienstleistungssektor

  • Prof. Dr. Uwe Genz
  • 30. Jan. 2018
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 27. Juli 2019

Dr. Uwe Genz und Alfred Töpper, Dreieich und München, 30.1.2018


Wir haben es in der Wirtschaft und Gesellschaft mit hochdynamischen und komplexen nicht-linearen Prozessen zu tun, die von uns selbst geschaffen wurden. Sie unterlagen keiner Evolution und führten uns ins Anthropozän. Die Prozesse in unserem Sinne zu beeinflussen ist daher äußerst diffizil und die Auswirkungen kaum oder nur vage vorhersagbar. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die technischen Erneuerungsschübe schon in der Vergangenheit einerseits hoffnungsvoll, von der Industrie, anderseits bedenklich, von Gewerkschaften, Soziologie und Medien, mit fast identischen Argumenten palimpsestartig wiederholt wurden. Eine erstaunliche Persistenz der Begründungen von beiden Seiten. Eingetreten sind wahrhaftig durchaus andere Zustände als prognostiziert, jedenfalls in weiten Bereichen.


Wenn also Gesellschaft beeinflusst werden soll, ist daher sehr viel Umsicht erforderlich.

Industrie und Arbeiten 4.0 wurde maßgeblich durch die verarbeitende Industrie und High- Tech-Unternehmen voran getrieben. Der Dienstleistungssektor war und ist davon noch nicht flächendeckend betroffen, obschon einige bekannte Firmen auch in diesem Bereich als Vorreiter gelten können (z.B. Amazon), ohne das bewerten zu wollen. Immerhin sind etwa 75% der arbeitenden Bevölkerung in diesem Bereich beschäftigt und der Anteil der Bruttowertschöpfung der Dienstleistungsbranche liegt bei knapp 70%. Speziell das BMWi hat sich dieser Problematik angenommen (www.bmwi.de; Dienstleistungen 4.0 – mit Digitalisierung Dienstleistungen zukunftsfähig machen). Unter Anderem wird in Untersuchungen dazu festgestellt, dass die Hauptherausforderungen bei Dienstleistern am Fachkräftemangel (80% der Befragten), der Aus- und Weiterbildung, sowie der Digitalisierung selbst liegen. Wenn man davon ausgeht, dass bei den 33 Mio. arbeitenden Menschen oberhalb des Niedriglohnsektors der untere Teil sukzessive zum großen Teil wegfallen wird, so stellt sich die Frage, was mit diesen Menschen passiert.


Sicher werden auch Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor durch 4.0 wegfallen, allerdings werden Personen aus dem oberen Bereich durch „Re-Taylorisierung“ in Folge der Digitalisierung des Dienstleistungsbereichs (Handscanner, etc.) in den Niedriglohnbereich nachrücken. Stichworte: Picker, Packer, Klick-worker, crowdsourcing, etc. Die langfristige demographische Prognose geht von einem Rückgang von 12 Mio. auf ca. 10 Mio. Personen aus.


Im mittleren und oberen Lohnbereich werden allerdings Menschen dringend gebraucht in einer veränderten Arbeitswelt, die vor allem eines verlangt: Weiterbildung und geistige Flexibilität.

(Siehe dazu: Digitale Transformation vom 19.12.2017)


Wir sehen auf der einen Seite die Arbeitgeber, wo gerade im Mittelstand die kommenden

Herausforderungen noch nicht gesehen oder unterschätzt werden und auf der anderen Seite

die arbeitenden Menschen, die vielfach mit den Schlagworten Industrie 4.0 nicht so recht etwas anfangen können, gerade im Dienstleistungsbereich nicht.


Hier möchten wir mit zwei Strategien vorgehen.


1. Zusammenführen von Akteuren im Bereich Weiterbildung.


Dazu würde sich die weltgrößteBildungsmesse anbieten, die diesen Sektor bisher nur am Rande berücksichtigt. Zu präsentieren wären einerseits breit aufgestellte Weiter-Bildungsanbieter, sowie Verbände, Dienstleistungs-Unternehmen und Behörden mit ihren Bildungsinstitutionen und andererseits die betroffenen Stakeholder.

In Kontakt stehen wir mit dem didacta-Verband, dem BVMW, der eato, Masterhora, ddn, DGUV, Krankenkassen, etc. Aktiviert werden sollten außerdem Gewerkschaften, allen voran verdi, der BDI, der BDA, die Handwerks- und Handelskammern, sowie weitere Arbeitgeberverbände. Diese gilt es auf der Messe mit den begleitenden Kongressen zu etablieren.


2. Im Rahmen der Motivation der noch in Arbeit stehenden Menschen sind systemische Anreize zu schaffen:


a. Brücken bauen, um von informeller und nonformaler Bildung zu formalen Abschlüssen zu

kommen (Empfehlung des Rates vom 20. Dezember 2012 zur Validierung nicht-formalen und informellen Lernens (2012/C 398/01))


b. Mit den Brücken Quereinstiege zu formalen Bildungsgängen und -abschlüssen möglich

machen.


In Vorträgen, Seminaren und Schrifttum sollte es um die Befreiung aus der „erlernten

Hilflosigkeit“ der bisherigen Tätigkeiten und Umweltbedingungen durch setzen von

Motivationsanreizen gehen. Die Möglichkeiten der geistigen Revitalisierung sind aufzuzeigen

und der Nutzen durch Vermittlung von Schlüsselkompetenzen.


Der Hoffnungslosigkeit entgegentreten und die Möglichkeiten der positiven Entwicklung im

Zusammenhang mit Arbeiten 4.0 sind zu demonstrieren indem die psychischen

Grundbedürfnisse gestärkt werden, d.h.


• die Angst und Bedenken durch Aufklärung beseitigen

• Gleichgesinnte zusammenbringen und Teams bilden

• Selbstwertgefühle steigern

• Möglichkeiten schaffen zur Erzielung von Ergebnissen (Lustgefühl)




1. BMWi: Bundesministerium für Wirtschaft

2. BVMW: Bundesverband der Mittelständigen Wirtschaft

3. eato: European Association for Training Organisations

4. www.masterhora.de


5. ddn: Das Demographische Netzwerk

6. DGUV: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung

7. BDI: Bundesverband der Industrie

8. BDA: Bundesverband der Arbeitgeber

 
 
 

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